Ich bin Eva, und das ist die Geschichte der Geburt unserer Tochter Clara – eine Geburt, wie ich sie mir immer gewünscht habe.

Kraftvoll, intensiv, getragen, und vor allem: zu Hause.

Schon bei meinem ersten Kind hatte ich den Wunsch nach einer Hausgeburt. Doch meine Gynäkologin stellte mich damals vor die Frage:

„Wollen Sie wirklich das Leben Ihres Kindes riskieren?“

Ich war verunsichert – und ließ mich davon abbringen.

Die Geburt meines ersten Kindes im Krankenhaus war trotz allem keine schlechte Erfahrung. Ich wurde gut betreut und bin dankbar dafür, wie alles verlaufen ist. Und doch wusste ich: Wenn ich noch einmal gebären darf, möchte ich es anders erleben.

Noch selbstbestimmter. Noch näher an mir. Noch mehr zu Hause – im doppelten Sinn.

In dieser Schwangerschaft war für mich klar: Diesmal gehe ich den Weg, der sich richtig anfühlt. Ich suchte mir direkt zu Beginn eine Hebamme, die Hausgeburten begleitet – und fand Nadja. Vom ersten Kontakt an fühlte ich mich gesehen, gestärkt und sicher. Ich machte nur die drei großen Ultraschalluntersuchungen, informierte mich über Zuckertest und Diagnostik – und entschied bewusst, was ich wirklich brauche.

Ich hörte auf meinen Bauch.

Wie mein erstes Kind kam auch Clara weit über den errechneten Termin – der 21. November verstrich. In der Klinik hätte man vermutlich schon längst über eine Einleitung gesprochen. Doch ich spürte:

Dieses Baby kommt, wenn es soweit ist.

Und so war es. Clara kam am 2. Dezember zur Welt – genau richtig. Nicht übertragen, nicht zu spät. Und mit ihren 3250 g auch nicht zu schwer. Ihr großer Bruder wog bei der Geburt 3880 g – Clara war einfach „fertig“ auf ihre Weise.

Zwei Tage vor der Geburt hatte ich immer wieder regelmäßige Wehen, aber sie ebbten wieder ab. Mein Mann hatte zum Glück bereits alles vorbereitet: den Geburtspool aufgebaut, das Wohnzimmer abgeklebt, das Sofa geschützt.

Am Tag der Geburt dachte ich morgens noch:

Heute wird es bestimmt nichts.

Gegen 19 Uhr brachte mein Mann unseren Sohn ins Bett, und dann begannen die Wehen wieder – diesmal kraftvoll. Ich konnte sie nicht mehr so leicht veratmen wie zuvor. Nach einer Stunde wunderte ich mich, warum mein Mann noch nicht zurück war. Er war eingeschlafen. Ich war richtig wütend – aber er sprang auf, rief Nadja an. Das war um 20:26 Uhr. Sie hörte mich schon im Hintergrund tönen und wusste sofort:

Jetzt muss ich los.

Um 20:47 Uhr kam Nadja bei uns an. Ich saß im Bad, am Boden vor dem Klo. Sie sagte nur:

„Oh, das geht ja ganz schön schnell.“

Ich hatte ehrlich gesagt Angst, dass das Baby im Bad geboren wird – dabei hatte ich mir so sehr eine Wassergeburt gewünscht. Mein Mann hatte das Wasser im Pool eingelassen – leider viel zu heiß. Also ließ er hektisch kaltes Wasser nachlaufen. Nadja und ich machten uns auf den Weg ins Wohnzimmer. Eine Wehe zog mich nochmal zu Boden. Ich dachte kurz:

Okay, dann eben nicht im Wasser…

Aber es klappte. Die Temperatur passte, ich konnte in den Pool steigen, Nadja half mir beim Entkleiden. Und dann wurde es intensiv. Ich war laut, ich verlor den Fokus. Ich spürte, wie mich alles überrollte. Nadja holte mich zurück. Sie half mir, meine Energie nicht zu verlieren, nicht ins Brüllen abzudriften.

Ihre Stimme war mein Anker.

Ich konnte Claras Kopf tasten. Es war magisch – und ich weiß noch heute genau, wie sich das angefühlt hat. Dann kam dieser Moment der Stille – der Kopf war geboren, und ich spürte, wie sie sich in mir bewegte.

„Bitte nicht bewegen, bitte nicht bewegen…“

sagte ich immer wieder. Es war fast zu viel.

Mit der nächsten Wehe kam Clara zur Welt – um 21:30 Uhr. Sie hatte zwei- oder dreimal die Nabelschnur um den Hals, Nadja löste sie ruhig und schnell und legte mir unser Kind auf die Brust.

Und dann sah ich sie:

ganz weiß bedeckt mit Käseschmiere.

Für mich war das der schönste Beweis: Sie war kein bisschen „zu spät“. Sie war bereit. Genau jetzt. Genau hier. Genau richtig.

Sie war ganz ruhig. Ein kleiner Laut kam, dann wieder Stille. Nadja bat mich, sie anzupusten – und da begann Clara zu schreien. Dieser Moment war so besonders, so ruhig und kraftvoll zugleich.

Kurz darauf fragte Nadja:

„Wollt ihr mal schauen, was es ist?“

Ich hatte es fast vergessen. Die ganze Schwangerschaft über hatte ich mich gefragt:

Junge oder Mädchen?

Und dann war es so egal. Als ich sah, dass wir nach unserem Sohn nun eine Tochter bekommen hatten, war ich einfach nur glücklich.

Wenig später wurde die Plazenta geboren. Ich durfte mit Clara – noch verbunden – aufs Sofa umziehen. Sie trank das erste Mal, und wir warteten in Ruhe, bis die Nabelschnur ganz auspulsiert war. Das war mir wichtig. Beim ersten Kind wurde sie nach drei Minuten durchtrennt. Diesmal durften wir verbunden bleiben, so lange es richtig war.

Ein Gedanke hat mich die ganze Schwangerschaft über begleitet:

Ich möchte mein erstes Kind nicht ausschließen, wenn unsere Familie größer wird.

Ich wünschte mir, dass er irgendwie dabei sein kann. Aber in dieser Nacht war ich dann auch dankbar, dass er alles verschlafen hat – trotz aller Geburtslaute. Und als ich gerade dachte:

Jetzt kann ich vielleicht ein bisschen schlafen…

wachte er um Mitternacht auf. Genau in dem Moment, als Nadja gerade das Haus verlassen hatte.

Das Wochenbett war liebevoll, klar und getragen. Ich bekam später noch eine Brustentzündung, aber Nadja hat alles dafür getan, dass ich ohne Antibiotikum auskam. Sie war da, wenn wir sie brauchten – mit Wissen, Herz und Ruhe.

Diese Geburt war ein Geschenk. Nicht, weil sie leicht war – sondern, weil ich mich gesehen, sicher und frei gefühlt habe. Nadja hat mir genau das ermöglicht.

Ich wünsche jeder Frau so eine Geburt. Und so eine Hebamme.